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4. September 2025

Kölns „Fairness-Abkommen“: Moralischer Ablasshandel statt ehrlicher Debatte

Wessen Idee war das überhaupt? Sieben Kölner Parteien – CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Volt und Die Partei – haben ein „Fairness-Abkommen“ zur Kommunalwahl 2025 unterzeichnet. Darin versichern sie, dass sie im Wahlkampf nicht über Flüchtlinge und Migration „hetzen“ oder das Thema „instrumentalisieren“ werden. Klingt nach einem Akt der politischen Hygiene. Doch bei näherem Hinsehen ist es vor allem eins: ein Stück Symbolpolitik, das mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet.

Gratismut und moralische Selbstveredelung

Ganz ehrlich: Hat jemand ernsthaft geglaubt, CDU, SPD oder FDP würden plötzlich mit dumpfen Parolen gegen Migranten in den Wahlkampf ziehen? Natürlich nicht! Das Abkommen ist daher nichts anderes als eine Tüte Gratismut. Eine Art politischer Ablassbrief, mit dem man sich gegenseitig bescheinigt, auf der „richtigen Seite“ zu stehen. Fast so, als wollte man sich für die Vergangenheit reinwaschen: „Ja, wir haben Migration vielleicht auch schon mal kritisch gesehen – aber jetzt, schaut her, wir sind die Guten!“

Politik ist kein moralischer Schönheitswettbewerb. Demokratie lebt von offenen, kontroversen Debatten – auch über schwierige Themen wie Migration. Wer hier versucht, durch Sprachregelungen und Tabuisierung eine „saubere“ Politik zu inszenieren, untergräbt das Vertrauen in die Demokratie.

Der Politikwissenschaftler Werner Patzelt kritisierte passend, es sei „eine taktische Dummheit, Themen nicht zu besetzen und sie der AfD zu überlassen.“

Die Verlierer: Bürgerinnen und Bürger

Denn während die Parteien sich selbst feiern, bleiben die Menschen mit ihren Alltagsproblemen allein. Wer in Köln in einem überlasteten Wohnungsmarkt um eine Wohnung kämpft, wessen Kinder in Schulen sitzen, die am Limit laufen, oder wer in der Bahnhofsgegend jeden Tag die Schattenseiten von Integration sieht, der fühlt sich durch dieses Abkommen schlicht ignoriert.

Noch schlimmer: Man signalisiert den Bürgerinnen und Bürgern indirekt, dass eine politische Problemlösung nicht wählbar ist. Dass sie sich gefälligst mit der offiziellen Erzählung zufriedengeben sollen. Wen diese Sorgen umtreiben, dem bleibt dann mutmaßlich nur eine "alternative" Option. Herzlichen Glückwunsch: Ausgerechnet durch den Versuch, der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen, verschafft man ihr zusätzlichen Rückenwind!

BILD spricht von einer „bizarren Maulkorb-Vereinbarung“. Die Taktik wäre m. E. nach nur aufgegangen, hätte man der AfD angeboten, die Vereinbarung ebenfalls zu unterzeichnen. Sofern die Partei mitgemacht hätte, hätte man sie beim Verstoß gegen das „Fairness-Abkommen“ bloßstellen können. Gleiches gilt für den Fall, wenn sie abgelehnt hätte: Die AfD hätte sich dann wieder mal selbst entzaubert.

Beitrag von RTL West:

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Demokratie braucht Streit, keinen Maulkorb

Politische Kultur bedeutet nicht, Themen unter den Teppich zu kehren. Sie bedeutet, auch dort fair und sachlich zu streiten, wo es weh tut. Wer Migration nicht „instrumentalisieren“ will, sollte die Sorgen der Menschen ernst nehmen und Lösungen präsentieren, statt das Thema durch ein selbstverordnetes Tabu abzuräumen.

Ein liberaler Staat lebt von Meinungsfreiheit, offener Diskussion und der Fähigkeit, Spannungen demokratisch auszuhalten. Wer diese Prinzipien zugunsten von moralischen Zertifikaten aufgibt, schwächt die Demokratie – und stärkt die radikalen Ränder.

Mein Fazit:

Das „Fairness-Abkommen“ ist kein Fortschritt, sondern eine politische Selbsttäuschung. Statt Symbolpolitik brauchen wir eine ehrliche, liberale Debatte über Migration: faktenbasiert, lösungsorientiert und ohne moralischen Zeigefinger. Alles andere ist moralischer Ablasshandel – und der teuerste Preis dafür könnte sein, dass noch mehr Menschen ihr Kreuz bei der AfD machen.

Hier noch etwas Lesestoff zu diesem Thema:

https://www.bild.de/politik/inland/wahlkampf-bizarr-koelner-parteien-sollen-nicht-ueber-fluechtlinge-reden-68b018bad492032667a5d6dd

https://www.t-online.de/region/koeln/id_100889528/koeln-sieben-parteien-schliessen-fairness-abkommen-afd-aussen-vor-.html

https://www.welt.de/politik/deutschland/article68adce1cd6fbb97dca47ac9e/NRW-Kommunalwahl-Sieben-Parteien-unterschreiben-in-Koeln-Fairness-Abkommen-ohne-die-AfD.html

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