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4. September 2025

Rente in der Sackgasse – und wie wir herauskommen

Das deutsche Rentensystem steht vor einer gewaltigen Belastungsprobe: Immer weniger Beitragszahler finanzieren immer mehr Rentnerinnen und Rentner. Bereits 2050 wird voraussichtlich jeder neunte Euro in Deutschland in die Rente fließen. Das Umlagesystem wird zunehmend fragil – wer glaubt, es mit kosmetischen Korrekturen zum Laufen zu halten, unterschätzt die Herausforderung.

SPD-Irrweg: Mehr Einzahler, mehr Probleme

SPD-Chef Lars Klingbeil spricht derzeit von einer „echten Reform“, indem er auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen will. Diese Idee klingt zunächst solidarisch – bewirkt jedoch kaum mehr als eine Verschiebung des Problems. Denn: Mit zusätzlichen Anspruchsberechtigten wächst die Belastung für spätere Generationen, ohne das System nachhaltig zu entlasten. Eine politische Nebelkerze!

FDP-Ansatz: Richtig gedacht, unvollständig gemacht

Mit dem „Generationenkapital“ (vormals „Aktienrente“) hat Bundesfinanzminister Christian Lindner in 2023/24 einen Ansatz ins Spiel gebracht, der Kapitalmarkterträge systematisch einbinden will. Die SPD hätte mit Hubertus Heil mitgemacht. Geplant war ein staatlich verwalteter Fonds mit einem Volumen von etwa 200 Milliarden Euro, der ab den Mitte der 2030er-Jahre jährliche Erträge von rund 10 Milliarden Euro liefern sollte – bei einem angestrebten Rentenniveau von mindestens 48 %.

Bei diesem Modell setzt die Wirkung spät ein und bleibt begrenzt. Grundsätzlich hätte sich dadurch kaum etwas am demografischen Druck geändert – zu viele Rentenansprüche auf zu wenige Schultern.

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Frühstart-Rente: Kapitalmarktbildung von klein auf

Anstelle von „Aktienrente“ und der Nachfolgeidee „Generationenkapital“ plant die neue schwarz-rote Bundesregierung nun die sogenannte „Frühstart-Rente“. Ab 2026 sollen Kinder vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr monatlich 10 Euro vom Staat erhalten, sofern sie eine Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen. Das Geld fließt in ein fest gebundenes Altersvorsorgedepot, dessen Erträge bis zur Regelaltersgrenze steuerfrei bleiben.

Die Idee hat per se erstmal Charme: Sie kann frühzeitig Kapitalmarktkompetenz fördern und den Zinseszinseffekt über Jahrzehnte nutzen. Gleichzeitig bleibt sie in der aktuellen Form ein viel zu zaghafter Schritt – zu geringe Beträge, unklare Verwaltung, keine klaren Vorgaben zu Anlageklassen oder Risikoprofilen. Ohne professionell gemanagten Standardfonds, klare Transparenzpflichten und die Möglichkeit zur privaten Aufstockung droht das Modell, symbolpolitisch zu verpuffen. Medienberichten zufolge (allen voran die NZZ) plant das Bundesfinanzministerium von Lars Klingbeil nun zudem, die Auswahl an Wertpapieren für die private Altersvorsorge im Rahmen der Frühstart-Rente einzuschränken. Der CDU-Wirtschaftsrat kritisiert diesen Plan als politisch-ideologischen Missbrauch der privaten Altersvorsorge.

Mit einer liberalen Ausgestaltung könnte die Frühstart-Rente ein starker Pfeiler eines zukunftsfähigen Rentensystems werden. Offenbar wird aber auch dieses Modell nun nicht wie angekündigt umgesetzt werden.

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Der Blick ins Ausland: Kapitalmarkt als zweite Säule

Dabei machen andere Länder längst vor, wie alternative Alterssicherung politisch gestaltet werden könnte:

Schweden verbindet seit Jahren Umlagefinanzierung mit kapitalgedeckter Vorsorge. AP7 Såfa, ein staatlicher Standardfonds für unentschiedene Sparer, erzielte 2023 eine durchschnittliche Rendite von 18,4 %, der risikoärmere Räntefonds sogar 5,3 %. Diese starken Erträge zeigen, wie Kapitalmarkterträge die gesetzliche Rente ergänzen können.

Norwegen setzt auf seinen gigantischen Staatsfonds, gespeist aus Erdöl- und Erdgaserlösen. 2024 erzielte er einen Rekordgewinn von 2,51 Billionen NOK (≈ 222 Mrd. USD) – bei einer Gesamtrendite von 13 %, davon 18 % in Aktieninvestments. Damit sichert der Fonds langfristig den sozialen Wohlstand des Landes.

Polen plant die Einführung des Osobiste Konto Inwestycyjne (OKI). OKI ist ein neues freiwilliges Investmentkonto, das gezielt steuerfreie Kapitalanlagemöglichkeiten bis 100.000 Złoty bietet. Es ist anders als IKE/IKZE nicht am Rentensystem gebunden, flexibel in der Auszahlung und unterscheidet sich durch das Prinzip “nur neue Mittel” und eine günstige Steuerregelung bei Überschreitung der Freibeträge.

Chile operiert mit einem vollständigen kapitalgedeckten Rentensystem: Arbeitnehmer zahlen in private Fonds (AFPs), mit staatlicher Garantie einer Mindestrente. Das Modell beweist: Kapitaldeckung kann funktionieren – wenn transparente Regeln und staatlicher Basisschutz bestehen.

Ein liberaler Reformvorschlag für Deutschland

Deutschland braucht einen Kurswechsel hin zu mehr Eigentum, Eigenverantwortung und Marktorientierung. Ein liberaler Ansatz könnte wie folgt aussehen:

  • Mindestvorsorge-Nachweis statt Pflichtfonds: Jeder muss belegen, dass er Altersvorsorge betreibt. Wer keine private Lösung hat, wird automatisch einem kostengünstigen Standardfonds zugeordnet.
  • Volles Eigentum am Kapital: Gesparte Mittel bleiben Eigentum des Einzahlers, sind vererbbar und transparent einsehbar.
  • Wettbewerb und Freiheit: Fonds müssen nur Mindeststandards in Sicherheit und Transparenz erfüllen – internationale Anbieter sind zugelassen.
  • Politikunabhängige Verwaltung: Der Standardfonds wird von einer unabhängigen Institution verwaltet, ohne politische Eingriffe.
  • Steuer- und Bürokratieabbau: Abgabensenkungen und steuerliche Erleichterung von Wohneigentum schaffen Raum für private Vorsorge.
  • Staatliche Grundsicherung: Wer trotz eigener Vorsorge unter das Existenzminimum fällt, erhält eine steuerfinanzierte Mindestrente.

Dieses Modell verbindet die Sicherung durch staatliche Basisleistungen mit echter Wahlfreiheit, Eigentum und Kapitalmarktarbitrage. Es überwindet populistische Scheinsicherheit und gibt den Menschen Kontrolle über ihre Altersvorsorge zurück.

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