Als Javier Milei Ende 2023 die Präsidentschaft Argentiniens übernahm, befand sich das Land im wirtschaftlichen Ausnahmezustand. Die jährliche Inflation lag bei über 200 Prozent, im Dezember 2023 schossen die Preise sogar um 25 Prozent allein im Monat nach oben. Der Staatshaushalt war tiefrot, der Peso taumelte, und das Vertrauen der Bürger in jede Form von wirtschaftlicher Stabilität war praktisch aufgebraucht. Milei antwortete nicht mit neuen Programmen oder Rettungspaketen, sondern mit einem radikalen Gegenentwurf: Staatsausgaben kürzen, Subventionen abbauen, Bürokratie zurückdrängen.
Von der Hyperinflation zur Stabilität
Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Bereits im Mai 2025 verzeichnete Argentinien eine monatliche Inflationsrate von nur noch 1,5 Prozent – der niedrigste Wert seit mehr als fünf Jahren. Im Juni stieg sie leicht auf 1,6 Prozent, blieb damit aber historisch niedrig. Auch die jährliche Teuerungsrate sank dramatisch: von über 211 Prozent Ende 2023 auf 39,4 Prozent im Juni 2025. Dieser drastische Rückgang belegt, dass entschlossene Haushaltsdisziplin und marktwirtschaftliche Reformen selbst in einem von Hyperinflation geprägten Umfeld schnell Wirkung entfalten können.
Parallel dazu begann die Wirtschaft zu wachsen. Im zweiten Quartal 2025 legte das Bruttoinlandsprodukt im Jahresvergleich um 7,6 Prozent zu – ein Wert, den Argentinien seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr erreicht hatte. Prognosen von IWF, OECD und Weltbank gehen für das Gesamtjahr von einem Wachstum zwischen 5,2 und 5,7 Prozent aus.
Wirtschaftlicher Aufschwung trotz Einschnitten
Doch der Weg war nicht ohne Schmerzen. Zwischen November 2023 und März 2025 gingen im privaten Sektor rund 115.000 Arbeitsplätze verloren, im öffentlichen Dienst fielen weitere 50.000 Stellen weg. Zwar entstanden gleichzeitig über 220.000 neue Jobs im informellen Sektor, doch die offizielle Arbeitslosenquote stieg von 6,4 auf 7,9 Prozent. Die Armutsquote, die zu Beginn von Mileis Amtszeit bei etwa 53 Prozent lag und zwischenzeitlich Spitzenwerte von über 57 Prozent erreichte, fiel bis Ende 2024 wieder auf etwa 38 Prozent und bewegt sich Anfang 2025 je nach Quelle zwischen 32 und 39 Prozent.
Löhne, Kaufkraft und gesellschaftlicher Druck
Auch bei den Löhnen gab es Verschiebungen. Im ersten Quartal 2025 stiegen die nominalen Einkommen im privaten Sektor um 9,6 Prozent, während die Inflation bei 11,6 Prozent lag – ein leichter Kaufkraftverlust. Betrachtet man jedoch die gesamte erste Jahreshälfte, so legten die Löhne formeller Beschäftigter im Durchschnitt um 62,5 Prozent zu, was deutlich über der jährlichen Inflation lag und in einigen Konsumbereichen, wie dem Rindfleischkonsum, schon wieder zu spürbaren Zuwächsen führte.
Diese Entwicklung ist ein Lehrstück für jene, die meinen, wirtschaftliche Stabilisierung könne nur durch immer neue staatliche Eingriffe erreicht werden. Mileis Ansatz – den aufgeblähten Staat zu verkleinern, Defizite abzubauen und Marktkräfte wirken zu lassen – zeigt, dass selbst ein Land in schwerster Krise binnen weniger Quartale wieder Tritt fassen kann. Natürlich bleiben Risiken: Der Peso ist weiterhin überbewertet, Devisenreserven schwinden, und der soziale Druck bleibt hoch. Doch die bisher erreichten Erfolge sind nicht zu leugnen und stellen einen deutlichen Kontrapunkt zum globalen Trend staatlicher Ausdehnung dar.
Argentinien steht heute da, wo es seit Jahrzehnten nicht mehr stand: mit einer im Griff befindlichen Inflation, wachsender Wirtschaft und einem Staatshaushalt, der keine dauerhafte Quelle des Misstrauens mehr ist. Ob Milei den Reformkurs politisch durchhalten kann, ist offen – dass er ökonomisch wirkt, steht inzwischen außer Frage.
Und Deutschland?
Wer sich die deutsche Wirtschaftslage nüchtern ansieht – mit einer Steuer- und Abgabenquote nahe historischen Höchstständen, einer stagnierenden Produktivität, einer sich ausbreitenden Subventionsmentalität und einer Bürokratie, die selbst mittelständische Betriebe in die Knie zwingt – könnte ins Grübeln kommen. Deutschland ist weit entfernt von argentinischen Verhältnissen, aber das Muster ist ähnlich: ein immer größerer Staatsapparat, der sich selbst versorgt und Innovation erstickt. Ein Politiker, der wie Milei den Mut hätte, Ausgaben zu kürzen, Regeln zu entrümpeln und den Markt wieder atmen zu lassen, würde hierzulande nicht nur für mehr wirtschaftliche Dynamik sorgen – er könnte der Bundesrepublik vielleicht denselben Befreiungsschlag verschaffen, den Argentinien gerade erlebt.
Weiterführende News zur argentinischen Wirtschaft:
https://apnews.com/article/argentina-imf-debt-bailout-4eae101f7575dc735df74c9aa0fac2cf
https://www.ft.com/content/8af38ca8-474f-47a8-b1e2-1040e7002d71